Die Dörfer an der Seenkette

Drei ehemalige selbständige Dörfer liegen direkt an der Seenkette. Es sind Seddin, Kähnsdorf und Wildenbruch. Seddin südlich der Seen gelegen, schmiegt sich zum Teil bis an den Großen und Kleinen Seddiner See.  Das Dorf Kähnsdorf östlich von Seddin, reicht ebenfalls zum Teil direkt an den Großen Seddiner See und mit einigen Grundstücken bis zum Kähnsdorfer See. Das Dorf Wildenbruch, welches sich am nördlichen Ende des Großen Seddiner Sees befindet, ist dagegen durch einen Landstreifen vom See getrennt. Das Dorf Fresdorf befindet sich mit seinem Kerngebiet etwa 1,5 km östlich von den Seddiner Seen. Teile der Felder der Fresdorfer Bauern reichen bis ans östliche Ufer des Großen Seddiner Sees. Neuseddin befindet sich zirka 1,5 km westlich der Seddiner Seen. Teile seiner Ortsgrenzen reichen ebenfalls bis an den Kleinen und den Großen Seddiner See.

Kleiner Seddiner See mit Blick auf einen Teil des Dorfes Seddin

In den Dörfern Kähnsdorf, Wildenbruch, Fresdorf und Seddin wurden von der „Obrigkeit“ Bauern gezielt angesiedelt.1 Das hatte einen Grund. Eine alte Handels- und Heerstraße, ab 1659 wieder als Poststraße in Betrieb genommen2, erreichte von Treuenbritzen über Beelitz kommend bei Kähnsdorf die Seddiner Seen. Der weitere Weg Richtung Saarmund führte zwischen Feldern am östlichen Ufer des Großen Seddiner Sees entlang. Dies war ein großer Umweg Richtung Potsdam. Zudem musste die Poststraße eine Landenge zwischen dem Großen Seddiner See und dem Kähnsdorfer See durchqueren. Diese Landenge war schwer zu schützen. Es kam offensichtlich immer wieder zu Überfällen.

Skizze Verlauf der Handels- und Heerstraße

Die Obrigkeit erhoffte sich durch diese Ansiedlungsmaßnahmen mehr Sicherheit der Handels- und Heerstraße in diesem Abschnitt. Die Bauern wurden nicht nur gezielt angesiedelt, sondern bekamen von der Obrigkeit auch die Eigentumsrechte an den Ländereien zugesprochen.

Die vier Dörfer werden urkundlich erstmals 1375 erwähnt.3 Die dörflichen Strukturen bleiben über die Jahrhunderte bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein erhalten. Das Zeitalter der Industrialisierung hat diese Dörfer nicht erreicht. Die Errichtung eines Verschiebebahnhofs westlich der Seen ab 1908 mitten im Wald  darf nicht mit der Seddiner Seenkette in Verbindung gebracht werden. 1915 begann die Errichtung einer Eisenbahnersiedlung mit Namen Neuseddin. 1924 wurde der Verschiebebahnhof eingeweiht. Er war in der damaligen Zeit einer der größten in Europa.   

Eine Produktion mit überregionaler Bedeutung hat es nur in Seddin zu DDR- Zeiten gegeben, die noch nach der Wende bis 1995 bestand. In den anderen Dörfern gab es keine Produktion mit überregionaler Bedeutung. Die Fischerei ist in Seddin über einen langen Zeitraum nachweisbar und prägte das Dorfleben mehr als die Landwirtschaft. Die Fischerfeste sind eine Seddiner Institution. Auch im Wappen der Gemeinde Seddiner See steht der Fisch für den Ortsteil Seddin.

In Wildenbruch prägte dagegen über lange Zeiträume das Erntedankfest das Dorfleben als Jahreshöhepunkt und steht für ein starkes Bauerntum.

Mit der Erfindung der Ansichtspostkarte4 und deren Entwicklung von schwarz-weiß bedruckten Karten zu bunten durch den Einsatz der Chromolithografie ab 1895 und der Echtfotokarten ab 1914 war für die Dörfer ein Mittel zur Aufmerksamkeit und Werbung gegeben. Die Dörfer an der Seddiner Seenkette nutzten diese Möglichkeit unterschiedlich nach meinen Forschungen. Das Dorf Seddin war am „geschäftstüchtigsten“ auf diesem Gebiet. Von Kähnsdorf kenne ich dagegen bis heute keine Ansichtspostkarten. Auf den Seddiner Ansichtspostkarten befinden sich immer wieder die gleichen Motive. Nie fehlen Fotos von den Seen. Es sind aus verschiedenen Perspektiven Panoramabilder der Seen, die Badestellen, dazu die Kirche und die Gaststätten. Neben dieser Werbeform waren Wanderbücher eine weitere Form um Aufmerksamkeit zu wecken und Menschen anzuziehen.5

Nach dem ersten Weltkrieg verkauften viele Bauern der vier Dörfer Land. Es entstanden neue Siedlungsteile. In Kähnsdorf die „Siedlung“, in Seddin die Siedlungsteile „Blume-“ und „Schuppesiedlung“. In Wildenbruch in den Jahren 1925-1927 die „Siedlung“ mit der Hauptstraße, Potsdamer Straße mit Nebenstraßen und der Waldheimstraße. Um 1930 der Ortsteil Bergheide. Ebenfalls um 1930 die Siedlung Six.6 Durch diese Entwicklung wuchs zum Beispiel die Wildenbrucher Bevölkerung von 270 auf 668 in den Jahren 1926/27.7

Die „Neusiedler“ wurden von den Wildenbruchern nicht angenommen. Dazu gibt es eine zum Schmunzeln anregende Anekdote. An der Luckenwalder Chaussee in der Nähe des Hauses von Frieders8 beginnt die Potsdamer Straße in Richtung Langerwisch. Menschlicher Logik folgend sollte an der Luckenwalder Chaussee auch die Straßennummer 1 der Potsdamer Straße beginnen. Die Hausnummerierung begann aber erst kurz vor der neuen Schule mit der 1. Die Häuser von der Luckenwalder Chaussee bis dort wurden zum Dorf gehörig deklariert. Dieser Teil der Straße wurde um 1937/38 halbseitig gepflastert. Aber nur bis zu dem Grundstück von Bündig vor der neuen Schule. Der damalige Bürgermeister, Gustav Kaplick, fühlte sich für eine weitergehende Straßenbefestigung nicht verantwortlich, obwohl nach eigenen Angaben Geld vorhanden war. Die „Neusiedler“ wurden auf „Abstand“ zum Dorf Wildenbruch gehalten.9

In den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgte eine zweite Erschließungsaktion von Grundstücken im Einzugsgebiet der Seddiner Seen. Diesmal als Ferienobjekte oder zur Wochenenderholung für Menschen vor allem aus dem Chemiebezirk Halle. Es waren aber keine Zuzüge, die die Einwohnerzahlen anwachsen ließ. Eine deutliche Erhöhung der Einwohnerzahlen erfolgte erst durch das Entstehen von neuen Ortsteilen nach der Wiedervereinigung. Vor allem in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts.

Die Dörfer selbst wurden zwischen 1960 und 1990 immer unattraktiver. Viele Bauernhöfe verfielen. Das Gesamtbild war nicht einladend. Erst nach der „Wende“ änderte sich das. Aber auf einer anderen Grundlage. Die Herrenhäuser, Ställe und Scheunen der ehemaligen Bauernhöfe wurden zu Wohneinheiten umgebaut und als Eigentumswohnungen verkauft oder vermietet. Dies Geschah vor allem in Wildenbruch.

1993 wurde eine Gemeindereform durchgeführt: „Am 5. Dezember 1993 schlossen sich im Zuge der Kommunalwahlen die vormals selbständigen Gemeinden Kähnsdorf, Neuseddin und Seddin trotz ihrer unterschiedlichen Geschichte, Entwicklung und Strukturen freiwillig zusammen und bildeten die Gemeinde Seddiner See“.10  Die Gemeinde Michendorf hat eine etwas andere Geschichte: „Die heutigen Ortsteile Michendorf, Fresdorf, Langerwisch, Stücken, Wildenbruch und Wilhelmshorst existierten bis zur Kommunalwahl am 26.10.2003 als selbständige Gemeinden. Aufgrund einer gesetzlichen Regelung wurden diese 6 Gemeinden und das ehemalige Amt Michendorf zur neuen amtsfreien Gemeinde Michendorf zusammengeschlossen“.11

Moderne Postkarte

Die Mitgift „Seddiner Seenkette“ der ehemaligen Dörfer Fresdorf, Kähnsdorf, Seddin und Wildenbruch war für viele Menschen der anderen Ortsteile der beiden Gemeinden wohl eine nicht abzuwendende „Zugabe“. Meine Gespräche mit verschiedenen Amtsträgern vor Ort offenbarten immer wieder eine gewisse Distanz zur Problematik der Seddiner Seenkette. Auch habe ich zum Beispiel weder von Neuseddin oder Michendorf je eine Postkarte mit einer Abbildung der Seddiner Seen gesehen.

1 Landbuch Karls des IV.
2 Im Jahr der Einführung der ersten Briefmarken in England im Jahr 1840 wurde auch eine handbemalte Postkarte verschickt.
3 Siehe Gliederungspunkt Tagestourismus.
4 Entnommen den Veröffentlichungen der Arbeitsgruppe „Chronik“ von Wildenbruch.
5 Wildenbrucher Dorfchronik des Pfarrers Dr. Georg Klünder.
6 Siehe Orientierungshilfe.
7 Entnommen den Veröffentlichungen der Arbeisgruppe „Chronik“ in Wildenbruch.
8 Homepage Gemeinde Seddiner See. www.seddiner-see.de/
9 Homepage Gemeinde Michendorf.. www.michendorf.de

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