Die Flora in und um die Seddiner Seenkette

Bei meinen Ausführungen beschränke ich mich auf die Pflanzenwelt in und an den Seddiner Seen, auf den ehemaligen Feuchtwiesen und die Pflanzenwelt am falschen Platz.

1. Die Pflanzenwelt in den Seen über und unter Wasser

Es gibt drei Pflanzenarten bezogen auf den Lebensraum in unseren Seen. Eine Art befindet sich insgesamt unter Wasser. Eine zweite reicht bis zur Wasseroberfläche. Die dritte Art ragt aus dem Wasser heraus. Mit ihrem Wurzelwerk sind alle Pflanzenarten im Seeboden verankert. Nachfolgend eine skizzenhafte Darstellung1.

Pflanzenlebensformen in den Seen1

1.1 Unter Wasser lebende Pflanzen

Für uns Kinder waren die unter Wasser lebenden Pflanzen im Großen Seddiner See „Schlingpflanzen“, die unseren Badespaß störten. Wissenschaftlich gesehen waren es wohl vor allem Geweih-Armleuchteralgen. An den Badestellen haben wir sie entfernt. Dass „Schlingpflanzen“ eine wichtige biologische Aufgabe in den Seen erfüllen, war uns nicht bewusst. Im August „blühte“ das Wasser für 2-3 Wochen, was unseren Badespaß nicht störte. Ganze „Schlingpflanzenteppiche“ wie heute im Kähnsdorfer See zu sehen, gab es nicht.

Die Bedeutung der unter Wasser lebenden Pflanzen (Makrophyten) für die Nährstoffsituation und damit für die Wasserqualität in einem See habe ich erst durch die Auseinandersetzung mit diesem Thema begriffen. „Makrophyten sind Gewächse, die auf Grund ihrer Größe als einzelnes Exemplar mit bloßem Auge sichbar sind. Im weitesten Sinn sind es alles Streptophyta. Der Begriff Makrophyten wird meist im Zusammenhang mit limnischen Ökosystemen verwendet und dann auf Wasserpflanzen angewendet. Diese umfassen die höheren Wasserpflanzen und die Armleuchteralgen. Zu den Wasserpflanzen werden im engeren Sinn nur die aquatischen Makrophyten, also die submers (untergetaucht) lebenden gezählt“.2

In der durch die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) im Jahr 2000 durch die EU vorgegebenen zu erreichenden Wasserqualitätsnormen in den Ländern der EU bis zum Jahr 2027 sind auch Makrophyten als biologische Qualitätskomponenten verankert. Bestimmte makrophytische Wasserpflanzengesellschaften sind sogar geschützt durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie.Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie ist eine Naturschutzrichtlinie der EU. Daraus kann abgeleitet werden, dass makrophytische Wasserpflanzen in enger Beziehung zur Trophie eines Sees stehen. Es können die Nährstoffverhältnisse eines Sees analysiert und beschrieben werden.  

„Der Große Seddiner See hatte in den letzten 25 Jahren vor der Therapie keine submersen Makrophyten“ steht zur Ausgangssituation im Ergebnisbericht „Ergebnisse der Restauration der Seddiner Seenkette zwischen 2006 – 2009“ .4 Gemeint sind die Jahre 1981 – 2006.

Es ist weiter zu lesen: „Im Jahr 2006 konnten die ersten lichten Bestände kartiert werden. Die ersten Unterwasserpflanzen hatten nur geringe Sprosslängen zwischen 5 – 10 cm. Die Artenzahl und auch die Vitalität der Unterwasserpflanzen nahmen mit der Zeit kontinuierlich zu. So erhöhte sich die Zahl der submersen Unterwasserpflanzen von 2006 – von 2 Arten auf 7 Arten im Jahr 2008 und 8 Arten im Jahr 2009 mit zum Teil dichten Beständen. Im Jahr 2009 wird eine Besiedlungstiefe von bis zu 2,7 m Gewässertiefe erreicht“.

Für den Kleinen Seddiner See wird im Ergebnisbericht festgestellt, dass er in den letzten 30 Jahren keine submersen Makrophyten hatte. Diese konnten bis heute auch nur spärlich wieder angesiedelt werden heißt es weiter.

Für den Kähnsdorfer See sind als Erfolge der Restauration im Ergebnisbericht festgehalten: „Im Kähnsdorfer See sind im Jahr 2007 die ersten Makrophyten kartiert worden. Im Jahr 2007 konnten 5 Arten nachgewiesen werden. Im Jahr 2008 waren die Bestände noch dichter. Die Makrophyten haben heute den ganzen Lebensraum eingenommen. Sie sind also bis zur maximalen Tiefe von 1,8 m vorhanden“.5 Auf der nachfolgenden Luftbildaufnahme sind die submersen Unterwasserpflanzenteppiche des Kähnsdorfer Sees gut zu sehen.

Foto: Klaus Wittmann
Luftbildaufnahme Kähnsdorfer See Sommer 20213

Es ist interessant wie 10 Jahre später die Bilanz ausfällt. Dazu wird das Monitoring Großer Seddiner See für das Untersuchungsjahr 2019 herangezogen. Leider sind in diesem Monitoring zu den unter Wasser lebenden Pflanzen keine Angaben enthalten. Im Jahr 2020 sind in den Sommermonaten zu verschiedenen Zeiten an unterschiedlichen Standorten im Großen Seddiner See Blaualgen nachgewiesen worden. An den Badestellen wurden entsprechende Hinweisschilder aufgestellt. Ein Alarmsignal. Die Lebensbedingungen für die submersen Makrophyten scheinen sich wieder zu verschlechtern.

1.2 Schwimmblattpflanzen

Gelbe Teichrosen

Bei Wikipedia4 ist nachzulesen, dass kleine Bestände in der Wildenbrucher Bucht einmal vorhanden waren. Das stimmt, an der Wildenbrucher Badestelle war rechts eine Kolonie gelber Teichrosen. Als Kinder haben wir manchmal eine Teichrose am Seeboden gepflückt und daraus eine „Halskette“ gebastelt. Dieser Bereich ist trockengefallen, damit ist auch die Teichrosenkolonie verschwunden. Teichrosen gibt es nach meinem Kenntnisstand nur noch im Kleinen Seddiner See am Westufer, wo sich der eine Grabeneingang zu dem Seddiner Fenn befindet. Heute kaum zu erkennen.

Die Aufnahmen entstanden im Sommer 2021.
Weiße Seerosen habe ich an den Seddiner Seen nie gesehen

1.3 Röhricht und Uferpflanzen

Röhricht sind großwüchsige, schilfartige Pflanzen. Diese Pflanzen dringen im Durchschnitt bis in etwa 1,5 m Wassertiefe vor. Vorherrschend war in meiner Kindheit wohl das Schilfrohr. Es bildet Kolonien und steht sehr dicht zueinander. Nach 1990 sollen in den Seddiner Seen andere schilfartige Pflanzenarten dazugekommen sein. Die Röhrichtbereiche in den Seen sind Lebensraum für Insekten und Vögel, zum Beispiel verschiedenen Rohrsängerarten. Zudem sind Röhrichtbereiche Brutgebiet von Wasservögeln und Leichgebiet einiger Fisch- und Amphibienarten. Nicht zu unterschätzen ist die ökologische Aufgabe von Röhricht. Röhricht hat die Funktion einer Kläranlage bei der Reinhaltung eines Sees. Die Schilfbereiche wurden lange Zeit durch die Seddiner Fischer im Winter „gemäht“. Das Schilf schlug im Frühjahr wieder aus und ist sehr schnell gewachsen. Ab wann kein Schilf mehr im Winter gemäht wurde, kann ich nicht sagen. Damit wurde ein ungehindertes Wachstum verhindert. Ein ungehindertes Wachstum führt langfristig zu einer Verlandung.

Foto: Siegfried Paul
Vermoderter Schilfbereich am Kähnsdorfer See, Sommer 2020

Röhrichtbereiche gibt es an allen drei Seddiner Seen oder ehrlicher gesagt gab es. Die größte Schilfkolonie befand sich am Nordufer des Großen Seddiner Sees unterhalb des Golfareals beginnend am Rötberg über die ehemalige Bergheider Badestelle bis zum westlichen Ende des Golfareals. Es sind nämlich schätzungsweise 80% der Röhrichtbereiche trockengefallen. Das Foto zeigt deutlich die Verlandung am Kähnsdorfer See. Es sieht nicht nur modrig aus, sondern riecht auch modrig. In meiner Kindheit waren die Schilfbereiche an allen Seddiner Seen bis zum Ufer nicht vermodert. Das Wasser war sauber bis zur Seekante. An den Uferkanten haben wir Larven zum Angeln sammeln können. Im Bereich von Kähnsdorf am Großen Seddiner See war ursprünglich kein Schilfgürtel. Die Seetiefe war gleich am Ufer so groß, dass Schilf nicht wuchs. Erst mit dem Absinken des Seespiegels ist dieser Bereich ein Bereich der ausrollenden Welle geworden.

Im kleinen Seddiner See ist der Seespiegel offensichtlich langsamer gesunken als im Großen Seddiner See. Der gesund aussehende Schilfgürtel ist mit dem Rückgang des Wasservolumens und der Absenkung des Seespiegels in den See „hineingewachsen“. Dies nachzuvollziehen ist nur möglich in Kenntnis der Seekanten von zirka 1960/1970 als der Seespiegelabwärtstrend begann. Der Schilfgürtel auf dem linken Teichrosenbild ist nicht die Lage des Schilfgürtels aus dem Jahr 1970.

In der Wildenbrucher Bucht auf der Ostseite, wo die Felder der Fresdorfer Bauern sich befinden, hat eine Uferböschung die Felder vom See getrennt. An diesem Seekantenbereich wuchs Seegras wie wir Kinder diese Pflanzen nannten. Wissenschaftlich ist diese Bezeichnung wohl nicht ganz richtig. Jedes Jahr im Mai leichten in diesem Gebiet die Plötzen. Mit dem Rückgang des Wasservolumens des Großen Seddiner Sees ist auch dieser Bereich trockengefallen. Die Plötzen verloren ihr Laichgebiet. Heute haben die Erlen diesen ganzen Bereich besiedelt. Sowohl die ehemalige Uferböschung als auch in den See hinein haben sie die Oberhand gewonnen.

2. Die Pflanzenwelt der Feuchtwiesen

Für uns Kinder war die beherrschende Pflanze im Frühjahr auf den Feuchtwiesen die Kuhblume. Es war jedes Jahr immer wieder ein Ereignis, wenn die Feuchtwiesen sich in einen gelben Teppich verwandelten.Vincent van Gogh hätte bestimmt seine Freude gehabt an dem dominierenden Gelb. 

Abbildungsbeispiel „Kuhblume“

Die Wissenschaft unterscheidet verschiedene Feuchtwiesenarten nach den dort vorkommenden Pflanzenarten. Welche Feuchtwiesenart an den Seddiner Seen sich befanden, kann ich nicht sagen.

Mein Opa besaß am Rand des Wildenbrucher Fenns zur Wildenbrucher Badestelle gelegen einen Wiesenabschnitt. Im Sommer blühten viele andere Wiesenpflanzenarten nachdem die Kuhblumen verblüht waren. Die Feuchtwiesen waren im Sommer ein bunter Blumenstrauß. Die Feuchtwiesen wurden immer erst im August gemäht und das Gras zu Heu getrocknet.

Nur an einer für mich als Junge streng gehüteten Stelle wuchsen Orchideen. Es war zwischen dem Rötberg und der Bergheider Badestelle. Heute kann ich viele ehemalige Feuchtwiesenbereiche nur als verkommen bezeichnen. Besiedelt von Erlen, verschiedenen Buscharten und unter anderem Brennnesseln bis zu einem Meter hoch.

Foto: Siegfried Paul
Das war einmal eine Feuchtwiese

3. Erlen an den Seddiner Seen

Erlen bilden eine Pflanzengattung in der Familie der Birkengewächse. Bei uns in Mitteleuropa sind drei Arten heimisch. An Gewässerrändern und in Feuchtgebieten fühlen sich aber nur zwei Arten wohl: die Grau- und die Schwarz-Erle. Erlen sind sommergrüne Bäume. Das Laub wird im Herbst abgeworfen. Erlen gibt es mit Sicherheit seit sehr langer Zeit an den Seddiner Seen. Sie siedelten von allem an den Rändern im Mittelteil des Großen Seddiner Sees. In der Wildenbrucher Bucht einschließlich dem Wildenbrucher Fenn und am Kähnsdorfer See. Durch die Pflege der Seen und der Feuchtwiesen einschließlich eines Uferrandstreifens von 5 m bis um 1960 an allen Seddiner Seen konnten sich die Erlen nicht ungehemmt ausbreiten. Sie bildeten in meiner Erinnerung ebenfalls Siedlungskolonien. Am Ostrand des Wildenbrucher Fenns war solch eine Kolonie. Rechts und links von der Badestelle Wildenbruch. Hinter dem Rötberg Richtung Bergheider Badestelle. Im Bereich der Kähnsdorfer Badestelle zum Kähnsdorfer See und am westlichen Rand des Kähnsdorfer Sees.

Foto: Siegfried Paul
Erlen in der Wildenbrucher Bucht

Blick auf den „Hafen“ des Anglervereins Wildenbruch. Im Bildhintergrund Erlenbäume. Mit der Einstellung der Pflege der Seddiner Seen konnten sich die Erlen ungehemmt ausbreiten.

Luftbildaufnahme Großer Seddiner See3

Luftbildaufnahme Kähnsdorfer See3

Beim Großen Seddiner See fehlt rechts ein Stück von der Wildenbrucher Bucht. Die Erlen haben den Großen Seddiner See und den Kähnsdorfer See in eine Art Schwitzkasten genommen. Es gibt so gut wie keine erlenfreien Bereiche mehr. Die Erlen siedeln sowohl auf den ehemaligen Feuchtwiesen als auch in den Seen hinein, so dass die Seekanten von um 1960 teilweise nicht mehr ohne weiteres erkennbar sind. Am Nordufer des großen Seddiner Sees har sich die Seekante weit in den See hinein verschoben. Es sind wohl teilweise bis zu 80 m. Die grünen Pfeile zeigen an, wo sich bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts „Erleninseln“ befunden haben. Die roten Pfeile markieren die Bereiche der ungehemmten Ausbreitung seit den sechziger Jahren. Wohin diese Verlandung führt, kann am trockengefallenden Fresdorfer See eindrucksvoll besichtigt werden. Das nachfolgende Foto zeigt einen Abschnitt des Erlengürtels am Fresdorfer See. Hier war einmal ein Teil des Sees.

Foto: Siegfried Paul
Erlen im ehemaligen Fresdorfer See

Im Maßnahmeplan des Projektes Restauration der Seddiner Seenkette zwischen 2006 – 2009 steht für die Jahre 2006 bis 2009 „Reduzierung des Erlenbestandes am Nordufer des Sees“. Bei den Ergebnissen der Restauration habe ich keine Einschätzung zur Reduzierung des Erlenbestandes am Nordufer gefunden. Mir ist auch bei meinen „Seeumrundungen“ nie eine solche Restaurationsmaßnahme aufgefallen.

An den Uferstreifen des Dorfes Seddin, rund um die Seddiner Bucht an der B2, weiter über die Neuseddiner Badestelle und dem Zeltplatz bis zur Lehnmarke sind keine Erlen heimisch. Ebenso am Kleinen Seddiner See.

4. Grüne Materie am falschen Platz

Die Luftbildaufnahmen suggerieren eine heile Seewelt. Nur in Kenntnis der Gesamtlage der Seddiner Seen einst und jetzt, sind die Aufnahmen richtig zu würdigen. Albert Einstein hätte eventuell folgende Formulierung gewählt: „Viel grüne Materie am falschen Platz“.

Die Schilfgürtel sind nicht nur trockengefallen. Sie befinden sich in einem ruinösen Zustand. Damit meine ich nicht nur den von uns Menschen ausgehenden Vandalismus, der an vielen Stellen die Schilfgürtel massakriert hat. Um diesen Vandalismus einzudämmen, wurde durch den Förderverein Seddiner See e. V. an verschiedenen Stellen des Großen Seddiner Sees eine Benjeshecke als Uferschutz angelegt. Nein, in diesen Schilfgürteln haben sich Landpflanzen eingeschmuggelt. Vielfach haben die Landpflanzen jetzt sogar die Oberhand gewonnen. Nachfolgend eine Fotofolge als Beweis.

                                                                    

Fotos: Siegfried Paul

                       

Die auf den Fotos zu sehende Seeabschnitte waren vor 60 Jahren gesunde Schilfbereiche des Großen Seddiner Sees. Aber nicht nur die (ehemaligen) Schilfbereiche wurden eine Beute der Landpflanzen. Auch trockengefallene Seeabschnitte, die wegen ihrer ehemaligen Wassertiefe von über 150 cm nicht zu den Schilfbereichen gehörten, wurden von Landpflanzen okkupiert. Als Beispiel nachfolgend Aufnahmen von der in den Großen Seddiner See hineinragenden Landzunge und dem Bereich der Wasserentnahme durch den Golfplatz.

Die beiden Fotofolgen haben viel Ähnlichkeit mit den Vegetationszonen des ehemaligen Fresdorfer Sees.5 Nicht nur der Fischbestand ist bei einer Sanierung der Seddiner Seen völlig neu aufzubauen. Nein, die Säuberung der Seen von den Landpflanzen ist eine weitere gewaltige Aufgabe. Zudem müssen die ehemaligen Schilfgürtel in meiner Einschätzung neu angelegt werden.

1 Entnommen „Klassifikation der Seen für die Naturraumerkundung des nordostdeutschen Tieflandes“, Rüdiger Mauersberger unter Mitarbeit von Dr. Dietrich Kopp, 2006. Mauersberger unter Mitarbeit von Dr. Dietrich Kopp, 2006.
2 https://de.wikipedia.org/wiki/Makrophyten.
3 Luftbildaufnahme mit freundlicher Genehmigung von Herrn Klaus Wittmann, Berlin, verwendet.
4 https://de.wikipedia.org./wiki/Großer_Seddiner_See
5 Siehe Fotos im Abschnitt „Der Naturpark Nuthe-Nieplitz“

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