Die Periode bis 1960

Warum ich eine Periode bis um 1960 geschaffen habe, die weit in die Seengeschichte zurückreicht, bedarf der Begründung. Merkmal dieser Periode ist ein Gleichgewicht, dass sich die Natur und ab dem Mittelalter der Mensch in Symbiose mit der Natur geschaffen hat. Die klimatischen jahreszeitlichen Abläufe im Bereich der Seddiner Seen sind bis um 1960 in meiner Analyse seit Jahrtausenden die Gleichen. Daran änderte sich auch nichts, wenn die Amplitude in die eine oder andere Richtung mal extremer ausschlug. Konkret, wenn es Jahre gab, die regenreicher oder regenärmer waren oder auch sehr trockene Sommer. Die Uferkehlenbereiche an den Seddiner Seen sind ein Beweis für über lange Zeiträume gleichbleibende Wasserstände.

Im Gliederungspunkt „Die Feuchtwiesen“ wurde schon ausgeführt, dass die Uferbereiche der Seen, die sich vom Land sehr flach in die Seen fortsetzen, im Frühjahr nach der Schneeschmelze überschwemmt wurden. Selten schon im Herbst, wenn es sehr viel geregnet hat: die Seen traten jahresperiodisch über die Ufer.  Bis zum Frühsommer zog sich das Wasser wieder in die eigentlichen Seegrenzen zurück.

Dieser Naturablauf war es wert, auch auf Postkarten abgebildet zu werden. Auf der nachfolgend abgebildeten Postkarte zeigt die linke obere Abbildung über das Ufer getretenes Wasser.

Die Wildenbrucher Platte – das Fenn – lag eigenständig im Überschwemmungsgebiet noch etwas tiefer. Das Fenn war manchmal zum Winter schon so voll Wasser, dass eine eigene Eisfläche entstand.  Wir Kinder mussten dann nicht zum Schlittschuh laufen auf den See hinaus. Diese jahreszeitlichen, periodischen Abläufe habe ich in meiner Kindheit in den fünfziger Jahren bis um 1960 jährlich erleben dürfen. Das dieser Naturablauf über lange Zeiträume so gewesen sein muss, beweisen auch die Torfvorkommen im Wildenbrucher Fenn und an anderer Stelle der Seenkette. Torf entsteht nicht von heute auf morgen! Es gab auch Seeabschnitte, wo zwischen Feuchtwiese und See sich ein Streifen mit halbgroßen Erlenbäumen befand. Solch ein Streifen befand sich am westlichen Ufer des Kähnsdorfer Sees. Nachfolgende Abbildung zeigt beim Mittelbild solch eine Überschwemmungszone.                                       

Diese Überschwemmungszonen waren auch der Grund, warum das Dorf Wildenbruch nicht bis zum See heranreicht.

Das Seddiner Feen befindet sich südlich des Kleinen Seddiner Sees. Zeitgeschichtlich war südlich des Kleinen Seddiner Sees ein Moorbereich. Durch uns Menschen wurde das Moorgebiet trockengelegt und vom See getrennt durch Aufschüttung und Anlegung einer Straße. Die Straße ist heute noch nicht befestigt. Zu beiden Seiten der Straße sind Grundstücke mit Häusern. Die Grundstücke zur Seeseite gehen bis zur Seegrenze. Fast jedes Grundstück hat auch einen Steg in den See. Der Kleine Seddiner See und das Seddiner Fenn wurde durch einen Graben verbunden. Am Westufer des Seddiner See begann der Graben. Er schlängelte sich um das Fenn, um in der Nähe der B2 wieder in den Kleinen Seddiner See zu münden. Das ehemalige Morrgebiet wurde zu einem Feuchtwiesenbereich umgewandelt. Ältere Seddiner berichteten mir, dass sie in diesem Graben Karpfen und Aale gefangen haben. Der Seespiegel und die Höhe des Wassers im Fennbereich waren immer gleich. Beziehungsweise suchten den Ausgleich. Das ist der Grund, warum aus dem Graben manchmal Wasser in den Kleinen Seddiner See floss. In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde nach Aussage älterer Seddiner das Fenn noch von Wasser des Kleinen Seddiner Sees überschwemmt. Dies steht nicht im Widerspruch zu meinen Aussagen zum Wildenbrucher Fenn.

Skizze Fenn am kleinen Seddiner See

Einen Graben zwischen dem Teufelssee und dem Kleinen Seddiner See hat es nie gegeben. Es gibt Schriftgut, in dem steht, dass das Seddiner Fenn den See mit Wasser versorgt hätte. Es ist mir nicht einsichtig.

Wie schon festgestellt, lebten die Menschen und die Seenkette in meiner Analyse in einer Symbiose bis um 1960. Jegliches Handeln der Menschen war mit dem See „abgestimmt“. Über das Grabensystem habe ich schon bei „Die Bauern und der See“ geschrieben. Ein weiteres sichtbares Zeichen dieser Symbiose ist die Lage der Scheunen der Wildenbrucher Bauern links der Dorfstraße. So hatten die Scheunen der Wildenbrucher Mittelbauern, die sich links der Dorfstraße zum Fenn befanden, noch einen „Sicherheitsabstand“ von zwei bis drei Meter bis zum Fenn. Erst nach diesem „Sicherheitsabstand“ begann das Fenn. An dieser Fennkante waren es noch einmal 10 bis 20 cm bis zum Fennboden. In meiner Kindheit habe ich nie erlebt, dass die jährlichen Überschwemmungen jemals bis zu den Scheunen reichten. Dahinter standen die Erfahrungen der Bauern, die über Generationen weitergegeben wurden. Zu den Überschwemmungsgebieten gehörte zum Beispiel auch immer die Wildenbrucher und Kähnsdorfer Badestelle. Hinter der Badestelle Richtung Fresdorf befand sich zudem ein kleiner mooriger Bereich. Die Wiese auf dem Panoramabild der Homepage der Seddiner Fischer2 war bis um 1960 im Frühjahr ebenfalls stets überschwemmt. Heute kaum zu glauben mit Blick auf die Seekante im Jahr 2020 auf diesem Bild.

Das Industriezeitalter hat im Einzugsgebiet der Seddiner Seenkette durch den Bau eines Rangierbahnhofs „im Wald“ seinen Abdruck bis heute hinterlassen. Es entstand zudem für die Eisenbahner eine Siedlung: Neuseddin. Die Dampfloks benötigten viel Wasser und auch die Eisenbahnersiedlung hatte mit Sicherheit auch einen höheren Wasserbedarf. Wieviel kann ich nicht sagen. Objektiv ist dieses Wasser aus den Grundwasserleitern gewonnen worden. Bis 1960 hat dies keine spürbaren Auswirkungen auf das Wasservolumen und damit auf die Seespiegelentwicklung der Seddiner Seenkette gehabt.

Auch die Dorferweiterungen in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts im Einzugsgebiet der Seddiner Seenkette und den damit verbundenen Bedarf an mehr Grundwasser blieb ohne spürbaren Einfluss auf den Wasserhaushalt der Seen. Die nach 1945 erfolgten Umsiedlungen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und dem Sudetenland und den damit verbundenen Bevölkerungszuwachs auch in den Dörfern an den Seddiner Seen konnten den Wasserhaushalt ebenfalls nicht negativ beeinflussen.

Fazit

Zusammenfassend komme ich zu der Analysenerkenntnis: Der Mehrbedarf an Wasser wurde von den „Rücklagen“, die die Natur gebildet hatte, aufgefangen. Auch wurde der Natur die Zeit gegeben, ausreichend neues Grundwasser zeitlich zu bilden. Dies ändert sich nach 1960.

1 Die „Feuchtwiesen“ wurden schon in einem eigenen Gliederungspunkt ausführlicher behandelt.
2 Fischerhof Seddin

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